Mein erster Monat & das ultimative English listening

Samstag, 04.06.2022

Mein erster Monat in Irland ist nun um, die Zeit vergeht wie im Flug. Es fühlt sich so an, als ob ich erst vor 2 Wochen in den Flieger gestiegen bin, dabei ist das ganze schon doppelt so lange her. 1/5 meiner Zeit hier ist vorbei, mir bleiben zwar noch 4 lange Monate, aber wenn die auch so schnell vergehen wie der erste Monat bin ich im Handumdrehen wieder zuhause (leider). Diesen ersten Monat kann ich sehr gut in zwei Phasen einteilen.

Erste Phase:Aller Anfang ist schwer
Die ersten zwei Wochen waren meine aktuell schwerste Zeit hier. Die Arbeit hat mir zwar auch da schon Spaß gemacht, aber insgesamt habe ich mich nicht sonderlich wohl gefühlt. Die Wohnsituation war anders als sie mir vorher beschrieben wurde, was das ganze erschwerte. Während ich in der ersten Woche besonders mit dem alten Haus und der mal mehr mal weniger vorhandenen Sauberkeit zu kämpfen hatte, bedrückte mich in der zweiten Woche besonders das Sozialleben. Oft aß ich alleine und der Vater meines Hosts, der mit mir und seiner Frau hier im Haus wohnt, hat Demenz. Ich hatte noch nie Kontakt zu einem Demenzkranken und habe mich sehr unwohl gefühlt. Die Mutter meines Hosts ist leider nicht mehr sehr mobil, beide Dinge wurden mir vorher nicht mitgeteilt. Insgesamt fühlte ich mich sehr einsam, isoliert und nicht wie ein Teil der Familie. Darüber habe ich auch mit der Organisation geredet und mir wurde angeboten, die Gastfamilie zu wechseln. Ich habe mich aber dagegen entschieden, da nach meiner 3. Woche ein neuer Schüler, der Italiener, kommen sollte und ich die Hoffnung hatte, das sich die Situation dann verbessert. Zum Glück musste ich aber nicht auf ihn warten, damit ich hier glücklich wurde.

Zweite Phase: "Klick"
Ein paar Tage nach meinem ersten Treffen mit Louisa und Carina hat es irgendwie "Klick" gemacht. Ich habe mich mit der Mutter meines Gastgebers immer besser verstanden, auch die Geschwister von ihm, die jeden Abend kommen, um sich um ihre Eltern zu kümmern sind alle sehr nett. Durch diesen vermehrten Kontakt mit der Familie fühle ich mich auch mehr wie ein Teil von ihr. Ich glaube, dass auch das Finden von Freunden in der Nähe sehr viel dazu beigetragen hat. Die anfängliche leichte Angst vor dem Großvater ist nun weg, trotzdem bleibt es eine Herausforderung, denn mal hat er gute, mal schlechte Tage und man weiß nie, was für ein Tag es wird, wenn man die Treppen am Morgen runterkommt.
Mein Gastgeber hat mir gezeigt wie man den Traktor und Bagger fährt, ich kann nun alleine melken und die beiden Hunde lieben mich so sehr wie ich sie. Ich bin gerade einfach glücklich und genieße meine Zeit hier. Der Italiener ist nun auch schon fast eine Woche hier, auch wenn dke Verständigung durch sein eher mageres Englisch sehr schwer ist, verstehen wir uns doch ganz gut, aber ich brauche ihn nicht, um hier glücklich zu sein.  Ich bin froh und stolz auf mich, dass ich mir die Zeit genommen habe, mich hier einzuleben und nicht direkt das Handtuch geworden habe und die Gastfamilie gewechselt habe.

Das aktuelle freie Wochenende zählt nun schon in meinen zweiten Monat und ich bin sehr gespannt, wie dieser wird. Donnerstag Abend und Freitag morgen haben wir ein "milk recording" gemacht, bei dem gemessen wird, wie viel Milch jede Kuh gibt und ob diese krank ist.

Freitag Morgen haben wir dann auch Proben der Milch von jeder Kuh genommen. Mein Gastgeber hat die Cluster gewechselt und ich die Probenfläschchen. Ich habe mich ein wenig so gefühlt, als ob ich versuche etwas am Strand zu verkaufen, da ich so ein Gestell umhängen hatte, in das ich die Proben gestellt habe. (Siehe Foto) Das schwierigste an dem ganze war, das wir die Nummern der Kühe aufschreiben mussten. Mein Gastgeber ist über diese drübergeklettert und hat mir die Nummern zugerufen, die ich dann eintippen musste, ohne einen Fehler zu machen. Das war das ultimative "English listening", denn die Maschine war an, das Radio lief und neben mir hat der Italiener mit einem Wasserschlauch den Boden gereinigt. Also falls man mal eine Idee für ein neues listening braucht: ein Interview in einem Melkstall entspricht etwa Abiturniveau.

Nach dem Melken bin ich gestern kurzfristig mit Louisa und Carina nach Woodstock gefahren. Das ist eine große Gartenanlage, die früher zu einem großen Anwesen gehört hat, das leider abgebrannt ist und nur noch als Ruine dasteht.

 

Es gibt ein wunderschönes verglastes Teehaus, in dem man auch aktuell noch Tee und Gebäck kaufen kann. Danach sind wir eine große Runde zu einem Wasserfall gelaufen. Dieser war weniger spektakulär als gedacht, aber trotzdem sehr schön. Es erinnerte mich ein wenig an meinem Sommerurlaub in Österreich letztes Jahr, es fühlte sich nicht so an, als ob ich in Irland bin. Nach einem langen Rückweg, der am Ende am Fluss entlang führte und einen wunderschönen Blick auf die Brücke von Instigoe freigab, kamen wir in diesem Dorf an.

Es ist ein schönes beschauliches Dörfchen mit toller Kirche und mehreren Pubs. In einem von diesen, dem Woodstock, haben wir uns niedergelassen und etwas getrunken, ich hatte mein zweites Pint Guiness für stolze 4,7€.
Heute Abend möchten wir in den Pub in The Rower, bevor Carina Sonntag morgen abreist. Bis da hin lege ich die Beine hoch und entspanne ein wenig, denn die Arbeit mit der Silage diese Woche und meiner kurzen Krankheit genau zu dieser Zeit haben doch an meinen Kräften gezehrt. Ich bin gespannt, was der nächste Monat bringt.